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MUSÉE SENTIMENTAL DE L’OURS DE BERLIN

Nschotschi Haslinger
Sathit Sattarasart
Anna Virnich
Jasmin Werner

[Foto] Sathit Sattarasart

Eröffnung
06.02.2020, 19 Uhr

»Musée sentimental de l’ours de Berlin« unternimmt den Versuch, ein temporäres Museum für den Berliner Bären zu errichten. Der Ansatz erhebt dabei weder einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch darauf, einem bestimmten großen Narrativ zu folgen, sondern will – ganz nach dem Vorbild des Musée Sentimental von Marie-Louise Plessen und Daniel Spoerri – einzelne kleine Geschichten mit emotionalen Werten verknüpfen.

Diese Geschichten haben verschiedene Ausgangspunkte. Die verschiedenen künstlerischen Positionen in der Ausstellung setzen sich mit der Heraldik des Stadtwappens, der Stadtgeschichte und der jetzigen Abwesenheit der Bären auseinander und tragen aktiv zur Gestaltung des Ausstellungsdisplays bei.

Die Ausstellung zeigt neben den künstlerischen Arbeiten auch eine Vielzahl von Objekten und Ephemera, die die Geschichte der Stadtbären im Zwinger und ihre repräsentative Funktion für die Stadt in den

vergangenen 80 Jahren ausloten. Diese reichen von einem Fenster mit dem Wappentier aus dem Roten Rathaus über verschiedene Rezeptionen der Bären in Kinderbüchern und Spielzeug bis hin zu Objekten des alltäglichen Lebens aus dem Zwinger und physischen Spuren der Bären.

Ziel der Ausstellung ist es, eine eigene Form von Auseinandersetzung mit der Geschichte des Bärenzwingers zu entwickeln, die auch eng verwoben mit der Geschichte der Stadt ist. Das Format entsteht dabei aus der Architektur und der Geschichte des Ortes selbst heraus und folgt einer Vielzahl von Fährten.

Kuration Ausstellung & Veranstaltungen
Jan Tappe und Julia PomeranzewaUlrike Riebel und Hauke Zießler

Grafik: Viktor Schmidt
Übersetzung: Andrea Scrima
Produktion: Carolina Redondo
Konzepttext zum Download

Nschotschi Haslinger

Nschotschi Haslinger (*1982 in Eitorf) ist Künstlerin und arbeitet an der Schnittstelle von Skulptur und Zeichnung. Jüngste Einzelausstellungen u.a. »Der geheime Dienst«, Zero Fold, Köln, »Die untere Welt«, Overbeckgesellschaft in der St. Petrikirche, Lübeck, »Introesque«, Exile, Vienna (alle 2019), »Das gestohlene Lied«, Galerie Genscher, Hamburg, »Apropofola«, Kunstverein Kjubh, Köln (beide 2018). Darüberhinaus wurden ihre Arbeiten in zahlreichen Gruppenausstellungen ausgestellt u.a. »When the Sick Rule the World«,

Nschotschi Haslinger setzte sich während der Vorbereitung zu ihrer Arbeit intensiv mit der Geschichte des Bärenzwingers und der Heraldik des Stadtwappens auseinander.

GR_und, Berlin (2019), »May the Bridges I burn light the Way«, Manifesta 12, Palermo (2018), Sammlung Simonow, Kunsthalle Bozen, Bozen (2016) und »Ruhe-Störung, Streifzüge durch die Welt der Collage«, Marta Herford, Herford (2013). Sie lebt und arbeitet in Berlin. Dies ist vor allem noch den Körperhaltungen der verschiedenen Tiere innerhalb der Gruppe anzusehen.

Ihre Farbgebung hat die Künstlerin freier gewählt und sie auch den räumlichen Bedingungen in den Ausstellungsräumen des Bärenzwingers angepasst.

Haslinger nimmt dabei die Bären als Entitäten sehr ernst und versucht über die einzelnen Figuren und ihre Positionierung im Raum auch eine Geschichte der Beklommenheit zu erzählen und das empfundene Leid der Bären in Gefangenschaft spürbar zu machen.

Sathit Sattarasart

Sathit Sattarasart (*1979) ist ein Künstler, dessen Arbeiten sich hauptsächlich um die Entstehung von Dingen drehen, während er sich auf kunstbezogene Themen, Material, Prozess und Struktur der Dinge konzentriert, aber auch mit verschiedenen Themen von der Politik bis zum Alltagsleben arbeitet. Sattarasarts Werke wurden in mehreren internationalen Ausstellungen gezeigt, darunter Asian Film & Video Art Forum im MMCA, Seoul (2015), Home Stories in der KfW Stiftung, Frankfurt am Main (2013), Move on Asia im ZKM, Karlsruhe (2013), Busan Biennale 2006. Sathit Sattarasart schloss 2017 sein Studium an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in der Klasse von Professor Tobias Rehberger ab (Meisterschüler) und lebt und arbeitet derzeit zwischen Berlin und Bangkok.

In seiner künstlerischen Praxis verfolgt Sathit Sattarasart verschiedene Stränge, die von Skulpturen und Installationen hin zu eigenen kuratorischen Projekten reichen. Sie alle eint eine intensive Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Ort oder Kontext, in dem sie später gezeigt werden sollen. Einer dieser Stränge ist die Reihe »pedestals«, in der er für Kunstwerke anderer Künstler*innen Sockel entwickelt, um diese zu zeigen. Dies kann in einem ganz materiellen Sinne gemeint sein, aber findet ebenfalls auf der nicht physischen Ebene statt. So war bspw. einer der letzten »pedestals« ein Duft, um einen befreundeten Künstler während einer Eröffnung erkennbar zu machen. Für den Bärenzwinger entwickelte Sattarasart zwei neue »pedestals«. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern sind sie zwei verschiedenen Objekten gewidmet und keinen Kunstwerken im engeren Sinne. Auf einem befindet sich eine kleine Skulptur auf einer farbigen Plexiglasscheibe. Die Skulptur ist ein Modell, welches angefertigt wurde, um Schnute, die letzte im Bärenzwinger verbliebene Bärin, präparieren zu lassen. Die Proportionen des Sockels lehnen sich an die Körpergröße der Bärin im Verhältnis zum Käfiginnenraum an, in dem der Sockel platziert ist. Seine Position, die damit verbundene Distanz, die der Betrachter zu ihr einnehmen muss, und Farbe sind Verweise auf die Privatheit, die der Künstler für die Skulptur zu konstruieren versucht. Der zweite Sockel ist immateriell und bettet Bärenhaare der beiden letzten Bärinnen des Bärenzwingers – Maxi und Schnute – in eine Narration ein.

Anna Virnich

Anna Virnich (*1984) graduierte 2013 in der HfBK Braunschweig. Jüngste Einzelausstellungen fanden statt bei der Schering Stiftung, Berlin (2019); Arratia Beer, Berlin; Galerie Nathalie Halgand, Wien, Art-O-Rama, Marseille (alle 2017); Proyectos Monclova, Mexico City (2016). Die Künstlerin nahm außerdem an einer Vielzahl von Gruppenausstellungen teil, u.a. bei Hunt Kastner, Prague (2018), Centre d’Art Contemporaine Chanot, Clamart, Frankreich; Proyectos Monclova, Mexiko-Stadt (beide 2017). Anna Virnich lebt und arbeitet in Berlin.

Anna Virnich hat für ihre Installation diverse organische Materialien verarbeitet, die alle in einem Arrangement aus Leder, Wachs und Duft auf die körperliche Abwesenheit des Bären reagieren. Die Materialien erfüllen dabei alle eine unterschiedliche Funktion. Während das Leder die körperlichen Ausmaße des Bären verdeutlicht, hat Wachs einen hautfarbenen Ton und strahlt eine hohe Verletzlichkeit aus. Der Duft schließlich besetzt den Raum auf einer olfaktorischen Ebene, die die Bären auch lange besetzt haben, die aber für die menschliche Nase verflogen ist. Dies spiegelt auch die Art des Erzählens über Erinnerung, welche in der gesamten Ausstellung erprobt wird.

Jasmin Werner

Jasmin Werner (*1987 in Troisdorf) lebt und arbeitet in Köln. Im Jahr 2016 schloss sie ihr Studium an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste Städel-Schule in Frankfurt am Main ab. Ihre Werke wurden in Einzelausstellungen im Kunstverein Braunschweig, Braunschweig (2018), Gillmeier Rech, Berlin (2017), M.I / mi1glissé, Berlin (2016) und RM, Auckland (2014) sowie in Gruppenausstellungen im Braunsfelder, Köln (2018), Saloon, Brüssel (2018) und im Museum Folkwang, Essen (2017) gezeigt. Im Jahr 2017 absolvierte Jasmin Werner eine Residency am National Museum of Modern and Contemporary Art, Seoul.

Für das »Musée sentimental de l’ours de Berlin« hat Jasmin Werner zwei Installationen auf den Außenterrassen entwickelt, die Modulen von Baugerüsten ähneln und auf die Geschichte rund um das Berliner Stadtschloss rekurrieren. In den bildlichen Teilen der Arbeiten sind verschiedene Reflexionen in Fenstern des Stadtschlosses und des Palastes der Republik miteinander verbunden, sodass sie über zeitliche Abstände hinweg die Geschichte einer Stadt im Wandel und zwischen den Systemen erzählt, die der Bärenzwinger als Denkmal der Stadt ebenfalls durchlaufen hat, aber bisher keine so drastische Veränderung erlebt hat. Die Form der beiden Türme ist an das höchste Gebäude der Welt – das Burj Khalifa in Dubai – angelehnt, in dessen Stahlkonstruktion zu Teilen auch Stahl des Palastes der Republik Eingang gefunden hat.

Artist talk

05.03.2020 19–22 Uhr
mit Nschotschi Haslinger und Anna Virnich

Nschotschi Haslinger setzte sich während der Vorbereitung zu ihrer Arbeit intensiv mit der Geschichte des Bärenzwingers und der Heraldik des Stadtwappens auseinander. Dies ist vor allem noch den Körperhaltungen der verschiedenen Tiere innerhalb der Gruppe anzusehen. Haslinger nimmt dabei die Bären als Entitäten sehr ernst und versucht über die einzelnen Figuren und ihre Positionierung im Raum auch eine Geschichte der Beklommenheit zu erzählen und das empfundene Leid der Bären in Gefangenschaft spürbar zu machen.

Anna Virnich hat für ihre Installation diverse organische Materialien verarbeitet, die alle in einem Arrangement aus Leder, Wachs und Duft auf die körperliche Abwesenheit des Bären reagieren. Die Materialien erfüllen dabei alle eine unterschiedliche Funktion. Dies spiegelt auch die Art des Erzählens über Erinnerung, welche in der gesamten Ausstellung erprobt wird.

Im Gespräch erforschen die Künstlerin Nschotschi Haslinger und Anna Virnich, neben einer Einführung in die jeweiligen Arbeiten der Künstlerinnen, welche Fragen sich bei der Entwicklung einer ortspezifischen Arbeit im Bärenzwingen entstehen und wie man diesen künstlerisch begegnet. Der Bärenzwinger ist mit seiner starken und einmaligen architektonischen Erscheinung und seiner Geschichte ein schwierig zu bespielender Ort, der Künstler*innen seit seiner Gründung als kommunale Galerie immer Herausforderungen gestellt hat. Nschotschi Haslinger und Anna Virnich werden an diesem Abend einen Einblick geben, wie sie sich dem Ort genähert haben und auf welchen Ebenen mit ihm beschäftigt haben.

Theorie Mittwoch

18.03.2020 19–22 Uhr
mit Philipp Kleinmichel

Vortrag

24.04.2020 19–22 Uhr
»Der Bärenzwinger zwischen den Staatssystemen (1937-1995)« von
Marie-Christin Krüger

  1. – 03.05.2020